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 Jetzt sitze ich hier bei dir und versuche herauszufinden, was es mit mir macht, was es in mir auslöst, ob es die selben Gefühle sind, die ich fühle, wenn ich nicht hier bin. Manchmal sitze ich auf meinem Balkon 500 km entfernt und vermisse dich so sehr, dass ich glaube, ich müsse alle Zelte abbrechen, alles was ich aufgebaut habe, hinter mir lassen, diesen Neustart doch noch wagen. Dann zieht sich alles zusammen, die Lunge, ich kann nicht richtig atmen, das Herz, das tut weh und der Kopf, der beinahe platzt. Und jetzt sitze ich hier bei dir. In dir.

"Und wie fühl es sich an, wie findest dus heute?", fragt mich Antje am Telefon. "Schön." Sie schnaubt. "Schnaub nich, du hast doch gerade selbst geschrieben, vielleicht bald dein neues Zuhause." - "Aber ich hab mir gewünscht, dass es das vielleicht doch nicht ist. Dass es sich anders für dich anfühlt."

Jetzt laufe ich hier entlang und denke, fühlt sich das so an, wenn ich hier bei dir bleibe? Wenn sich meine Pläne für den Abend mal wieder in Luft auflösen und ich Antje anrufe, ihr all das erzähle, weil sie eben diejenige ist, mit der ich all das teilen will? Würde sich das genau so anfühlen, wenn ich hier bei dir bleibe? Normal?

"Naja, dann häng ich eben alleine ab. Müssen die alle selbst wissen, ob sie Zeit mit mir verbringen wollen. Also ich würde mit mir abhängen wollen." - "Ich will auch mit dir abhängen, Maribel." - "Ich auch, Antje."

Fühlt es sich so an? Dass ich dann einfach in die andere Richtung vermissen würde?

Die Sonne geht langsam hinter den hohen, beleuchteten Häusern unter. Da hinten zwischen zwei größeren kann ich den Bleistift sehen. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, ob der wirklich so heißt, ob das so eine allgemeine Umschreibung ist, aber früher hat Mama im Vorbeifahren immer gesagt: "Guck mal, Maribel, der Bleistift." Und dann hab ich mich immer gefreut, wenn ich den Bleistift gesehen habe, dann wusste ich, dass wir gleich daheim sind.

"Schade, dass du am Wochenende noch nicht wieder zurück bist. Ich will so gern ans Meer mit dir und abends ist so eine Trash Party in der Flora." Vor zwei Jahren hätte ich mir die Finger geleckt, die Beine ausgerissen, um auf dieser Party dabei zu sein. Ein bisschen, weil ich wirklich Lust gehabt hätte, hauptsächlich weil die Fomo reingekickt hätte. Heute sitze ich hier allein an deinem Ufer, mit meinen Gedanken weder richtig hier, noch da, bei Antje.

Fühlt es sich dann einfach so an, dass ich in die andere Richtung vermissen würde?

Jetzt sitze ich hier vor deinen hell erleuchteten Häusern, an deinem Fluss, an diesem Ufer und versuche herauszufinden, wie es sich anfühlt. Fühlt es sich so an, wenn ich einfach bleiben würde? Bei dir. In dir.

Aber weißt du, was ich gerade endlich mal nicht fühle? Angst.



Mood